20.10.2012

Tie Guan Yin: Fujian - Taiwan - Eifel

Heute geht es natürlich um Tee. Aber Tee ist mehr als Blätter und Wasser. Was ist Tee ohne die Menschen, die anbauen, verarbeiten, zubereiten ... und die einem die Augen für neue Sorten, andere Zubereitung und die Geschichten hinter dem Tee vermitteln?

Es wird mindestens ein Jahr her sein, dass ich begonnen habe meine online-Freizeit annähernd komplett den diversen Teeblogs zu widmen. Der erste Blog, den ich wirklich vom ersten Eintrag bis heute durchgelesen habe, ist Tea Masters Blog. Die Person hinter dem Blog ist Stéphane - mein erster großer Teeblog-Held. Von ihm habe ich sehr viel gelernt - super ist Tea Masters' Classroom, wo Stéphane weitergibt, was er von seinem Teelehrer oder aus eigener Erfahrung gelernt hat.

Zum letzten Weihnachtsfest habe ich von ihm etwas Tee bestellt. Darunter diesen schönen Tie Guan Yin:

Die Herkunft des Tees liegt in Anxi, dem klassischen Ursprungsgebiet des Tie Guan Yin, aber geröstet wurde er erst in Taiwan. Das ergibt diese dunklen Kügelchen:
In meinen Notizen steht zum Duft der trockenen Blätter: Röstaromen, etwas Schoko-Karamel, fast schon milder Kaffee. Im vorgewärmten Kännchen erschnuppere ich ... Schokorosinen! So muss guter Tie Guan Yin für mich sein.

Sind das nicht recht wenige Blätter für ein 250ml Kännchen? Das soll so sein - mehr dazu später.

Der erste Aufguss ist fertig: ein Tässchen für Stéphane und eins für mich:

Aber das ist doch recht wenig Tee, es ist noch einiges im Kännchen:
Moment jetzt mal - lernt man das auf Tea Masters Blog nicht ganz anders? Sollte bei Gongfu Cha nicht immer der letzte Tropfen ausgegossen werden? Wenn das Wasser auf den Blättern stehen bleibt, ist das doch 'Grandpa Style' und somit eher das Gegenteil von Gongfu. Ob Stéphane deswegen wohl seine Tasse nicht trinken mag?

Da muss ich die zweite Tasse auch selber trinken. Das mache ich gerne, denn der Tee schmeckt mir unheimlich gut - meine Notizen lauten: "Geschmack - einfach nur WOW! Frucht, Karamel, aber zu diesen warmen Noten kommt auch eine dezent mineralische Frische und Leichtigkeit."

Im zweiten Aufguss wird der Gesamteindruck wärmer, schokoladiger und die Röstnoten kommen stärker hervor.

Aber was bedeutet "zweiter Aufguss" bei meiner unorthodoxen Zubereitung? Ich sollte mal erklären wie ich diesen Tee zubereite. Wenn ich neu einschenken möchte, fülle ich kurz vorher die Kanne wieder mit heißem Wasser auf, gieße den Tee in die Tassen und lasse die Blätter weiter im Wasser ziehen. Völlig entgegen allem, was man bei Gongfu Cha lernt, oder?

Nein, denn die ganz große Lehre, die ich aus Tea Masters Blog ziehen konnte war: höre auf den Tee und ändere die Zubereitungsparameter so, dass der Tee sein ganzes Potenzial zeigen kann. Von Stéphane wurde ich inspiriert, die Geschwindigkeiten des Auf- und Abgießens zu variieren ... und siehe da - es war mehr als esoterischer Mumpitz, sondern eine deutliche Beeinflussung des Ergebnis'. Also habe ich bei den kräftig gerösteten Oolongs experimentiert und gerade bei denen, die "Aged" genannt werden, etwas herausgefunden: hohe Dosierungen, kochendheißes Wasser und sehr kurze Ziehzeiten bringen mir kaum etwas außer Röstgeschmack ... jedenfalls nur minimale geschmackliche Tiefe.

Beim Experimentieren fiel mir ein, was ich in einem Blog (war es Tea Masters?) gelesen habe: "You can not oversteep aged teas" Und tatsächlich - selbst bei andauerndem Ziehen in heißem Wasser werden stark geröstete, alte Oolongs nicht bitter (sofern man vorsichtig dosiert). Dieser Tie Guan Yin ist mit seinen 4,5 Jahren nicht gerade alt - aber die intensive Röstung sorgt für ähnliches Verhalten. So kann ich einen volleren, nuancierteren Tee in die Tasse bekommen.

Selbst nach 2,5 Stunden in heißem Wasser haben die Blätter sich noch nicht ganz entfaltet - typisch für intensiv gerösteten Oolong.
 Auch als ich keine Zeit mehr für eine richtige Tee-Session  mehr hatte, habe ich die Blätter noch weiter genutzt:

Die Schale ist von einer Töpferin in der nahe gelegenen Eifel. Das erklärt den Titel des Beitrags.
Damit schließt mein erster Beitrag einer geplanten, losen Reihe, um zu zeigen, welche Blogs mich wie beeinflusst haben. Zum Schluss löse ich noch auf, warum ich eine Hommage an eine französischen Blogger (der zu meinem großen Glück oft englisch schreibt!) auf Deutsch verfasse: er spricht und schreibt perfekt Deutsch!

Wie sieht es bei Euch aus? Woher bezieht Ihr Eure Tee-Inspirationen?

3 Kommentare:

  1. Interessante Zubereitung! Und deiner Meinung zu Stéphane kann ich nur beipflichten. Toller Blog, der mich immer wieder inspiriert. Seinen Tie Guan Yin wollte ich auch schon probieren. Vielleicht bei der nächsten Bestellung. Jetzt kommt aber erstmal mein Mini-Gaiwan und zwei andere Tees.

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  2. wusste gar nicht, dass du auch nen blog hast, gero! :)

    hab bei luke gerade den link hierhin gefunden. werde ihn mir bald genau angucken.

    lg key

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  3. Lieber Gerno,

    Vielen, vielen herzlichen Dank für Deinen Artikel und Interesse. Ich bin sehr glücklich, daß Du mein Blog so sehr schätzt. Lange dachte ich, daß es nur ganz wenige deutsche Tee Liebhaber gibt. Es ist toll, daß jetzt deutsche Blogs erscheinen. Da meine ich auch Luke! Wenn's so weiter geht, werde ich vielleicht wieder mein Blog dreisprachig führen!... Eigentlich habe ich sogar einen deutschen Pass! Meine Mutter kommt aus der Pfalz (und ihre Mutter aus Chemnitz!) Ich bin im Elsaß groß geworden, bevor ich eines Tages nach Taiwan kam!

    Zum Tee nun. Ich finde es schön, daß Du ein Cha Xi machst. Die Kanne scheint zu passen, und ich finde auch man soll nicht allzuviel Tee nehmen, vor allem wenn es sich um hohe Qualität handelt.
    In der Tat, es kommt nicht auf die Sekunde an ob ein Tee gut oder schlecht schmeckt. Es sollte nicht. Sonst wird man ganz unruhig und stressig wenn man Tee bereitet!

    Ich wünsche Dir noch viel Freude und Genuß in Deinen Tee Explorationen.

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