19.07.2015

Yibi Hong Cha 2014: Hongcha? Sheng Puer?



Im Juni fand das dritte Teezui statt, das Offline-Treffen des Forum TeeTalk: ein Wochenende im Kreis vollkommen vernünftiger Menschen! Menschen die völlig rational begründen können, warum man seinen letzten Cent für Tee und -zubehör ausgibt.

Dieses Jahr fand das Treffen im Chá Dào in Neu-Isenburg statt: Diese heiligen Hallen waren das pefekte Setting! Seit dem ersten Besuch dort recke ich auch am heimischen Teetisch gerne meine Teetasse vor dem ersten Schluck in Richtung Neu-Isenburg und schicke in Gedanken einen begeisterten Gruß an den Inhaber Gerhard Thamm!

Einer der Tees, die ich mir bei der Teezui gekauft habe, ist der Yi Bi Hong Sheng Sen Cha.


 Ein loser Tee aus Yibi, einem Teil der Yiwu-Region. Auf den Deckeln der großen roten Behälter steht "Yiwu Gongcha ", wobei Gongcha für Tributtee steht. Der Tee kommt also recht selbstbewusst daher. Die Blätter sehen gar nicht nach den üblichen, zarten (fast schon mikrospoisch winzigen) goldigen Knospen aus, die sonst unterm Etikett "Gongcha" laufen. Nee, nee - dieser Tee besteht aus völlig intakten, groß(artig)en Blättern und ist tief dunkel. Farbe und Duft sprechen eindeutig für komplett durchoxidierten Hongcha (westlicher Sprachgebrauch: Schwarztee), wohingegen die großen Blätter und die gesunde Portion Stängel für guten Puer-Maocha sprechen.


Der Duft der feuchten Blätter ist eindeutig mehr ... Mann oh Mann oh Mann, ist es nicht völlig egal, ob wir den Tee jetzt Schwarz, Sheng oder Maocha nennen? 

Dann der Tee in der Tasse: dunkel, warm, weich und kraftvoll - einfach lebendig, spritzig und mitreißend. Ja, der Geschmack ist der von Schwarztee, irgendwie. Wo sind die Fruchtnoten und der Malzgeschmack guter chinesischer Hongcha (=Schwarztee) ... die sind da bestimmt auch irgendwo, aber eigentlich sind die gerade total nebensächlich! Der Tee wirbelt und tanzt durch meinen Mund, geht gleich in mein Herz - rauscht am Großhirn vorbei direkt ins Rückenmark und ich träume, schwebe, fühle mich wie ein Lied.

Was sollen die viele Worte?! Einfach mal dieses Lied hören ( Kopfhörer, laut und die erste Minute mindestens abwarten bis zum Urteil):

 
Im Chá Dào gibt es viele Hongcha, die betörende Süße, Fruchtigkeit dunkler Trauben, Noten von Süßholz und Gewürzen aufweisen - eine grandiose Auswahl. Obwohl ich gerne jeden der probierten Hongcha zur Verfügung hätte, hat mich keiner so dermaßen umgehauen wie dieser, der sich gar nicht so genau beschreiben lässt.

Wenn ich von meinen 17 Wolken im Teehimmel heruntergetanzt bin und die Blätter nach dem 12 Aufguss ruhiger geworden sind, blicke ich auf die feuchten Blätter und beginne schon wieder vor Schwärmerei zu seufzen. 

 Ganz herzlichen Dank an Gerhard Thamm, dass er sein Chá Dào für uns Teeverrückte geöffent hat!

24.06.2015

Jingmai: three samples of 2015 by Bannacha

Well, so I got truly lost among the tea gardens of Wuliang. My expedition got totally mired in fog. Or frankly put: I could not really find any common ground in the teas I sampled. One day tea A tasted exactly like a Mengku tea and tea B felt like a twin of a Jingmai tea. The next day A and B both tasted similar to Maocha from Yiwu. What was wrong with the teas? Nothing - it was me.
Nun, da habe ich mich in den Teegärten Wuliangs so richtig verrannt. Meine Expedition ist im Nebel der Ratlosigkeit stecken geblieben: ich konnte keine wirkliche Aussage über die Tees treffen. Den einen Tag schmeckte Tee A wie aus der Mengku Region und Tee B wie ein Jingmaitee. Den nächsten Tag schmeckten jene Tees plötzlich identisch und zwar nach Rohtee aus Yiwu. Was war nur los mit den Tees? Nix - es lag an mir. 

So I finally went to hospital and had the insides of my nose resculpted. Not being able to rely on your sense of smell is a nuisance from which I took some time recovering. A main reason for the extended blog-hiatus. 
Also habe ich mich aufgerafft und endlich mein Naseninterieur richten lassen. Sich nicht auf seinen Geruchssinn verlassen zu können ist enervierend - und selbst nach der OP dauerte es noch ein paar Wochen. Auch daher meine lange Blog-Abstinenz.

Back in April an unexpected envelope arrived from Bannacha: William had sent me some samples. As I felt sated with Jingmai teas for some time, and didn't crave for very young sheng at that time, those samples were left horribly neglected by me. In hindsight I might even think my nose trouble was a karmic punishment for that ungrateful neglect!
Anfang April trudelte bei mir ein unerwarteter Umschlag von Bannacha ein: William hat überraschend Proben geschickt. Da ich mich einige Zeit von Jingmaitees übersättigt fühlte und kein Verlangen nach blutjungen Sheng hatte, wurden jene drei Proben sträflich vernachlässigt. Vielleicht waren meine Nasenprobleme ja die gerechte Strafe für jene undankbare Vernachlässigung!

Meanwhile I have had  some sessions with these three samples: 
Spring 2015 Jingmai Natural Tea Gardens (link to shop)
Spring 2015 Jingmai Ancient Tea Gardens (link to shop)
Spring 2015 Jingmai Single Trees (not yet appeared on Bannacha's Shop.) 
Inzwischen habe ich ein paar Sessions mit diesen drei Proben gehabt:
Spring 2015 Jingmai Natural Tea Gardens (Link zum Shop)
Spring 2015 Jingmai Ancient Tea Gardens (Link zum Shop)
Spring 2015 Jingmai Single Trees (noch nicht im Bannacha Shop.)

after a few seconds

about 30 Minutes later
To use up the final leaves of the samples, today I have decided to make a side by side tasting à la Grandpa:
3g in each cup, added 150ml of almost boiling water and started sipping after 5 minutes. Whenever a cup is half emptied, I refill with hot water from a thermos.
Um die letzten Blätter der Proben aufzubrauchen, habe ich heute eine Parallelverkostung in Grandpa-Anlehnung unternommen:
3g pro Tasse, darauf 150ml annähernd kochend heißes Wasser und nach 5 Minuten erste Schlucke genommen. Wann immer die Tasse halb geleert waren, habe ich mit heißem Wasser aus der Thermoskanne aufgefüllt.



Natural Tea Gardens

The Natural Tea Gardens version is said to be produced a bit redder than last year's version. It truly is a bit on the red side: you can see slightly oxidised bits on the leaves and there is a hint of fruity sweetness which I have come to recognise as a sign of reddish production. It is mellow, fragrant, easily accessible and (in my eyes) a pleasant companion for a Grandpa session.
Die Natural Tea Gardens Version soll angeblich etwas roter produziert sein als letztes Jahr. Tatsächlich erkennt man dafür Anzeichen: die Blätter weisen ein paar rostrote Verfärbung der beginnenden Oxidation auf und es gibt im Geschmack eine fruchtige Süße, die mir immer bei rötlich produzierten Sheng begegnet. Der Tee ist weich, duftig, leicht zugänglich und in meinen Augen ein angenehmer Gefährte für eine entspannte Grandpa-Session.




Ancient Tea Gardens

The Ancient Tea Gardens version has an edge to it which lifts it some notches above the Natural Tea Gardens. Well, it is sweet and Jingmai-fragrant ... but undeniably it has a mineralic trait and an invigorating bitterness that captivate me. And while I try to find the right words to describe how this noble bitterness pleases me, a buttery finish slowly creeps into my awareness. How can a young sheng give you even more pleasure?
Die Ancient Tea Gardens Version hat eine Kantigkeit, die den Tee für mich einige Stufen über den Natural Tea Gardens emporhebt. Nun, dieser Ancient Tea Gardens ist süß und Jingmai-duftig ... aber er hat eine mineralische Note und eine belebende Bitterkeit, die mich gefangen nehmen. Und während ich um Worte ringe, die das Edelbittere loben, schleicht sich ein buttriger Abgang in meinen Mund. Wie kann ein junger Sheng noch mehr Freude bereiten?


This is how: Single Trees is my absolute favourite among these three samples. But how to express what this tea does for me? Can you imagine an extry dry Martini embedded in creamy butter, slapped in your face with a bouquet of flowers? Yes, single trees, hit me one more time! 
When tasting several teas side by side, it is impossible for me to assign aftertaste, bodily effects or emotional impacts to one specific tea of the tasted samples. But from a previous session I remember how the Single Trees gave me a pleasant tea buzz (well, a few lines up you can find an example how carried away I got by this tea) and the gushu effect in my nose. When I feel my nose opening up even further than the surgeon managed, there is no doubt: these single trees are at least as old as the Ancient Gardens!  
So geht das: der Single Trees ist mein absoluter Favorit unter diesen drei Tees. Aber wie vermittel ich, was dieser Tee mit mir anstellt? Man stelle sich vor: ein Martini Extra Dry eingebettet in Buttercreme, mithilfe eines Blumenstraußes volle Kanne ins Gesicht geknallt! Jaaaa, bitte schlag gleich nochmal zu!
Wenn man mehrere Tees parallel verkostet, ist es mir unmöglich, Nachgeschmack / körperliche Effekte und Stimmungsauswirkungen einem einzelnen Tee zuzuschreiben. Aber von einer früherer Session erinnere ich mich, wie angenehm beseelt/berauscht ich von dem Tee war und wie deutlich der Gushu-Effekt meine Nase öffnete. Wenn der Tee meine oberen Atemwege weiter öffnet als der Chirurg es schaffen konnte, scheint mir ganz klar: diese Einzelbäume sind mindestens so alt wie die Alten Teegärten.
Single Trees
 

On June 15th I started a thread on the Single Trees over at TeeTalk.de - the same day Hobbes posted an entry on these three samples. Though I am a hardcore Half-Dipper addict, I only skimmed over Hobbes' post, so as not to be too influenced by his views before writing my review here. Make sure not to miss Hobbes' blog The Half-Dipper!
Am 15 Juni habe ich einen Thread zum Single Trees auf TeeTalk.de begonnen - am selben Tag wie Hobbes über diese drei Tees gebloggt hat. Obwohl ich ein eingefleischter Half-Dipper-Fan bin, habe ich jenen Beitrag nur überflogen, um meinen Eintrag hier nicht zu sehr von seiner Meinung beeinflusst zu sehen. Bitte auf keinen Fall Hobbes Blog The Half-Dipper verpassen!

three hours in - still going strong


One of the reasons I embarked on the (failed / postponed ?) Wuliang Mission: I've had so much of Jingmai that I felt sated with these light and fragrant teas. Sated? 
No!
Thank you William and Yubai for reviving my curiosity about Jingmai with these samples!
Einer der Gründe warum ich mich auf das (gescheiterte / verschobene ?) Wuliang-Experiment eingelassen habe: ich suchte eine Alternative zu den Jingmaitees, von denen ich mich übersättigt fühlte. Übersättigt?
Nein!
Herzlichen Dank an William und Yubai, die mit diesen Proben mein Interesse an Jingmai wiederbelebt haben.

16.02.2015

Wuliangshan: Expedition started!

Last week, I could retrieve a Yunnan Sourcing shipment from our customs office. So now everything is set for my expedition of the Wuliangshan - my quest to find "the mountain's tea character". Is there any such thing? Will there be a common denominator to the teas from that area - still recognizable after differing years of storage and varying vintages, individual methods of processing?
Loads of Wuliang Tea and 5 Tuos blended of Wuliang and Lincang Teas.

I have decided to try all the teas by the same standard: 5g to 100ml of boiling water in a neutral gaiwan. Rinse once, flash infusions up to at least infusion #5. 


My curiousity got the better of me, so I tried one tea from YS's parcel right after getting home. Not a good idea - perhaps it is just a superstition, but I believe it pays off to give a tea some days or even weeks to settle down after intercontinental shipping. So now I have chosen a sample which The Generous J sent me a while ago to assist me in my quest:


Yunnan Sourcings "2009 Wu Liang  Lan Xiang" - a sheng promising Orchid Fragrance. Esteemed Reader, please be warned: this tea is sold out. In case you are prone to shopping urges, this might NOW be a good time to stop reading.

Well, you have been warned.

The dry leaves are pressed quite tightly, at least in my 8g sample. They have gone about half way in transforming from green to brown and give off a buttery fragrance with lots of fresh hay. Yes, there is definitely a flowery tingling in my nose - but unlike most other sheng of 6 years age there is no fruity fragrance.

Upon rinsing, the leaves clearly display the fruity fragrance I have come to expect from teas of eastern Simao Prefecture: grilled bell peppers.  And loads of buttery and flowery fragrances. Perhaps the grilled peppers just stood out as I was waiting for it. Sniffing the leaves later on, the flowers certainly dominate the impression.


The first infusion is sunny yellow in the cup. Or should I compare the colour to buttercups? Well, "butter" is what comes to mind when the tea hits my tongue: extremely mild taste with a creamy mouthfeel. Slightly cooled, the flavour gets richer, reminding me of herbs and fresh hay. Some astringency joins in, giving a bit of backbone to the initially overpowering creaminess.


The next infusions show this complementing adstringency right from the start. Amongst the delightfully herbal hay there is a full-bodied, savoury Something, which reminds me of the two Wuliang teas mentioned in my last entry. How to describe this Something? The mouthfeel is full, a bit syrupy. The flavour reminds me of mirepoix, sauteed with tomato paste and soy sauce. No - it is not like drinking gravy, but there is this savoury umami in the background.

During the final infusions (10-16) the flowery taste supplanted the umami with a good helping of sweetness chiming in. The aftertaste was quite lively, changing from creaminess to a fresh & flowery impression.

To be honest, I was still a bit grumpy because of the hassle with customs about Yunnan Sourcing's shipment when I tried this tea. But it was so thoroughly pleasurable, that it convinced me of two things:
1. Scott can produce some tea tremendous tea, well worth some discussions at customs.
2. Seems I have a tendency to fall in love with teas that are no longer available.







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26.01.2015

Wuliangshan - getting acquainted

Recently I have stumbled over quite a variety of leaves from Wuliangshan. Over the last few years there have been a few sessions with Sheng Puer from that mountain range and recently I have been lucky at work: our tea tasters have established a relationship to a producer on Wuliangshan who is supplying us with fine green teas and Dian Hong. Though our company will not dive into the Puer craze anytime soon (yes, Puercha is purely recreational for me), that terrific supplier sent some samples of Maocha to us. Guess who finished off those samples...

Yet still it is hard for me to understand that-typical-wuliang-character (if any such thing can be defined). Some teas I could have mistaken for Jingmai products, others resembled Ailaoshan teas. Strange enough- Wuliangshan's western neighbour the Jinggu area always appeared to me to be absolutely unmistakeable.

If you are searching for something like a tea area's signature character, perhaps it might be a good idea to immerse yourself fully in that area. As I don't have the opportunity to go there in person, my Wuliangshan expedition will take place at my teatable here in boring old Germany. A variety of teas from Wuliang is on its way to me from Yunnan Sourcing, but before the grand scale comparison commences, I am easing into the topic by tasting samples given to me by tea friends.

Luke's Wuliangshan Tea

A few days back Luke and I spent an evening enjoying some teas. Luke unwrapped a sample of a Wuliang 2010 sheng which is unfortunately sold out at all the online shops we searched. Believe me, we searched THOROUGHLY as befits such a satisfying tea. Surprisingly dark for a 2010 harvest, the leaves had a warm, full and sweet fragrance. In the cup the tea performed marvellously: it had so much body, you might even call it chewy. The taste was a vast blend of sweet memories. Luke was reminded of fruit compote he had in his childhood and I found flavours of my favourite pipe tobacco back from my smoking days. There was also the slightly smoky and fruity sweetness of grilled bellpeppers - a trait I find in both Ailao and Wuliang teas. What a fantastic tea! Luke implored me to let him know if my Wuliang-expedition discovered something similar.

Well Luke, better brace yourself for some bad news: I found just what we are looking for.

Today I am having a little session with a sample of "Wuliang Wild Purple 2009" from Essence of Tea (thanks a million, Miig!)

Looking at the dark leaves I was instantly reminded of the above mentioned 2010 Wuliang. Was that tea a purple leaf variety too? Then sniffing the dry leaves I was nearly knocked out by a fruity sweetness interwoven in a full tobacco body. To make a long story short: this tea is at least as good as the one Luke and I shared. Add a healthy helping of muscat grape aroma to all my enthusiasm about the 2010 Wuliang and you will only be halfways to the pleasure I get from this tea.
seems the photograph's quality is reciprocal to the teas perormance - sorry!

Luke, it is time to brave the bad news: this tea, the Tea you have been looking for, is sold out, too. I will keep the second half of my sample so we can share it next month.

Note to myself: don't shy away from purple teas, though they are   ...  purple (yuck).







01.01.2015

Yiwu Laoshu 1992

Einen guten Start in ein gesundes, erfolgreiches und köstliches Jahr 2015!

Auch wenn das neue Jahr schon begonnen hat hier noch ein Rückblick auf eins meiner Highlights des letzten Jahres:
Heute werde ich einen Tee beschreiben, den ich schon im September gekauft habe. Ein (in meinen Augen) wahrlich famoser Tee aus einer Quelle, die ich nun auch oben rechts im Blog-Menü eingefügt habe.

Im September habe ich Herrn Thamm in seinem Chadao in Neu-Isenburg besucht und wunderbar mit ihm gefachsimpelt sowie herrlichen Tee genossen. Wenn es einen in die Frankfurter Region verschlägt, sollte man auf alle Fälle einen Besuch bei Herrn Thamm im Chadao einplanen! Es gibt in seinen Räumen mehr zu bestaunen als in manchen Tee-Museen, einen herrlichen Teetisch für ausgiebige Verkostungen und die Möglichkeit, sich über alles rund um die chinesische Teekultur auszutauschen. Übrigens ist Herr Thamm durchaus bereit, sich von einigen seiner Schätze gegen erfreulich bodenständige Preise zu trennen.
Tee, Bambustablett und Teemesser vom Chadao

Hier der Glaspitcher vom Chadao

Eigentlich wollte ich dort nur Zubehör kaufen. Aber dann haben wir so schön zusammengesessen und dabei auch diesen Yiwu-Ziegel von 1992 genossen ... da wurde ich natürlich schwach und habe zugeschlagen.

Trockenes Blatt: tief dunkelbraune, große Blätter. Keine goldenen Knospen, aber einige rustikal wirkende Stängel. An der Oberfläche sehr große Blätter, aber auch darunter sehr anständige Blattqualität - etliche Stufen über den Kleinkrümeln, für die Ziegel oft verschrien sind. Im Vorgewärmten Kännchen duften die Blätter nach ... ? ... alten Büchern ... ? ... ganz leicht nach antiken Möbeln ... ? ... und ganz deutlich nach geröstetem Getreide, Roggen!

Nach dem Spülen durften die Blätter zusätzlich nach Spinat und ein ganz winziges bisschen nach Keller. Aber sollte der Zeigel jemals in seinen 22 Jahren feuchte Lagerung erlebt haben, war das nur kurz und lange her.

Weil der Zeigel so sauber und sorgfältig verarbeitet ist, belasse ich es trotz seines Alters bei einer einzigen Spülung. Der erste Aufguss füllt meine Tasse mit einem satten Mittelbraun und duftet zart karamellig. Dahinter findet meine Nase die antik möblierte Bibliothek, den Spinat und Roggenbrötchen - aber der verblüffende erste Eindruck ist der von Karamell. Beim ersten Schluck muss ich nicht lange überlegen - heute habe ich den Tee tatsächlich überdosiert (das Gefühl beschlich mich schon beim Füllen der Kanne). Besser zu stark als zu schwach: einen überdosierten Tee kann ich mit Wasser verdünnen. Anders herum wäre ich aufgeschmissen.

Im verdünnten Zustand schmecke ich auch Details: Spinat, Roggenbrötchen und leichte Süße. Dazu ein Mundgefühl, welches zum Star in der Tasse wird: seidig, geschmeidig, fast ölig. Dieses Gefühl klingt auch länger nach als der Nachgeschmack. Mit der Zeit entsteht unter dem sanften, weichen, zarten Ölfim ein Kribbeln, welches wächst und wächst. Plötzlich ist der besänftigende, milde Eindruck des Tees umgekrempelt in ein vitalisierendes Gefühl. Nicht nur im Mund, auch in der Brust spüre ich ein Pulsieren. Wer sich seinen Tee rein naturwissenschaftlich erklären mag, wird wohl auf einen hohen Koffeingehalt tippen. Ich möchte nicht erklären, ich genieße einfach.

In späteren Aufgüssen wird die Süße deutlicher, nun wie dunkler Karamell. Dabei bleibt aber dieser herrliche Geschmack von Rahmspinat. Gleichzeitig spüre ich den balsamigen Ölfilm und das perlende Prickeln im Mund - sowie die entspannte Exaltiertheit. 

Ganz langsam klingt der Tee aus, wird blasser und leiser.


Wirklich ein erfreulicher Tee! Damit wünsche ich doch gerne Herrn Thamm vom Chadao und allen Lesern viele gute Teestunden in 2015.