Heute hatte ich zum ersten Mal seit langer Zeit einen Tuocha, nämlich den im Titel schon geannten Jiaxi aus dem Hause Haiwan von 2007. Auf dem Forum www.teetalk.de hat uns Chris von Chenshi-Chinatee mitbestimmen lassen, welche neuen Puer er in sein Sortiment aufnimmt. Dazu gehört auch dieser Tuocha: Link zum Produkt im Shop mit schönen Bildern.
Von meiner ca. 20g-Probe habe ich genau 5g abgetrennt, um dieses Nugget im 100ml Gaiwan zu brühen. Ich war erstaunt, dass ich das Tuo-Stück mit einem Bambusspieß zerteilen konnte - ich hätte mit einer betonfesten Pressung gerechnet.
Links: für diese Session - rechts: erschreckend geringer Rest |
Weil es schon spät ist hier mal einfach hereinkopiert meine Verkostungsnotizen, wie ich sie während der Session festgehalten habe:
Trockenes
Blatt:
Im gar
nicht mal so megafest gepressten Tuo dunkelgrün-bräunliche Blätter.
Ein paar Stängel, ein paar Tips und scheinbar keine besonders großen
Blätter.
Duft im
vorgewärmten Gaiwan wie … Erdbeermarmelade? Nur ganz flüchtig,
danach intensiver Duft nach TEE, etwa Salz und würzige
Landwirtschaft. Und wie ein Nachduft (analog zum Nachgeschmack) doch
noch etwas Erdbeermarmelade.
Infusion
nach Spülgang:
Noch
immer sehr dicht gepresstes Nugget – dunkelgrüne bis bräunliche
Blätter, fast wie eine Mischung aus Gyokuro und Herbstlaub. Im Duft
noch stärker ausgeprägt: hier scheint jemand Erdbeermarmelade zu
kochen.
1.
Aufguss:
Noch
sehr dünn und blass – das Nugget muss sich noch mehr öffnen.
Geschmack – Chris, warum jubelst Du uns aromatisierten Tee unter?!
Seit wann wird Erdbeertee mit Zuckersirup zusammen zu Tuocha
gepresst? Nur Quatsch, der Tee ist ganz pur, aber die Süße und
Fruchtigkeit ist verblüffend. Oft wird bei Sheng von Huigan
gesprochen – dem Effekt wenn die anfängliche Bitterkeit nach dem
Schlucken in Süße umschlägt … aber dieser Tee spart sich die
Bitterkeit und ist gleich von Beginn an süß und fruchtig. Da ist im
Hintergrund etwas von Salz und Heu (Silage) – das lässt mich nicht
daran zweifeln, dass ich hier einen Sheng trinke.
2.
Aufguss:
Fruchtigkeit
tritt etwas zurück – der Tee wird etwas weniger mädchenhaft. Nun
zeigt sich ein vollerer Körper und etwas mehr Würze, aber noch
überwiegt die Süße.
3.
Aufguss:
Doch
wieder mehr Erdbeere? Liegt wohl an Varianzen in meiner Zubereitung,
ob sie stärker oder schwächer erscheint.
Dann
langsam weniger Frucht, mehr Würze und etwas frisch-herbe
Krautigkeit.
6.
Aufguss:
Dunkler in der Tasse, dünnes Orange. Geschmacklich könnte ich ihn jetzt auch für einen etwas älteren Lao Tongzhi 9948 halten.
Nach dem Schlucken langes Nachkribbeln und beständiger Nachgeschmack.
Dunkler in der Tasse, dünnes Orange. Geschmacklich könnte ich ihn jetzt auch für einen etwas älteren Lao Tongzhi 9948 halten.
Nach dem Schlucken langes Nachkribbeln und beständiger Nachgeschmack.
Kennt Ihr meine Streichholzzählung noch? Stimmt, 6.Aufguss |
7.
Aufguss:
Und wenn
man den krautigen und herbfrischen Tee gerade schluckt, dann kommt
ganz hinten an den Seiten der Zunge doch nochmal ein bisschen
Erdbeere hervor. Ein erfreulich verblüffender Tee!
10.
Aufguss:
Jetzt
mal wirklich keine Spur von Frucht. Aber anregend frischer
Salbeigeschmack und sehr aktives Mundgefühl. Mein Gushu-Detektor
springt an – die Nase wird offener und weiter. Der Effekt tritt
ungewohnt spät auf, ist das jetzt ein Fehlalarm oder sind nur ganz
wenige Blätter von alten Bäumen in der Mischung?
Hier der 12. Aufguss - enorm wie es immer dunkler wird in der Tasse! |
14. Aufguss:
So langsam lässt der Tee nach und entwickelt sich Richtung "süßes Wasser" ... aber noch lässt die Salbeinote nicht locker und steuert beharrlich noch etwas Herbe bei.
So langsam lässt der Tee nach und entwickelt sich Richtung "süßes Wasser" ... aber noch lässt die Salbeinote nicht locker und steuert beharrlich noch etwas Herbe bei.
15. Aufguss:
Auch nach langer Ziehzeit kommt nicht mehr viel Charakter heraus. Vermutlich könnte ich noch ein paar Aufgüsse der Durstlöscher-Art machen. Aber es ist spät und ich mache jetzt Schluss.
Skeptiker überlegen jetzt, ob ich nach dem 15.Aufguss Schluss gemacht habe, weil meine Streichhölzer nicht mehr hergaben. |
Fazit:
Was für eine freudige Überraschung! Ich hatte aus den diversen Blogs den Eindruck gewonnen, dass Tuo nicht in der Spitzen-Liga spielen wie Bing. Aber dieser Tuocha ist wunderbar vielschichtig. Wenn man einen Tee mit mächtig Kawumm trinken möchte, würde ich diesen nicht empfehlen. Aber wenn man (wie ich vorher) nicht weiß, wie fruchtig Sheng sein kann, ist dieser Erdbeermarmeladen-Tee mit Salbei-Abschluss eine Offenbarung.
Das stärkste Indiz für mein Empfinden der Qualität: ich bin jetzt schon traurig, dass ich nur noch für 2 Sessions Tee vom Haiwan Jiaxi übrig habe.
Blätter recht zerstückelt, aber erfreulich wenig adstringierend |
Wie sehen Eure Erfahrungen mit Tuocha aus?
Erdbeermarmelade??? Waren es nicht die Russen, die Marmelade in den Tee tun? Hast Du russische Eltern?
AntwortenLöschen(Doofer) Scherz beiseite: Ich bin ja gespannt, ob ich die Erdbeere auch herausschmecke. Bisher kannte ich Erdbeere nur in Verbindung von thailändischen Oolong. Da aber auch nur im Duft der Blätter.