Was ist Tee?
Okay, da gibt es soviele richtige Antworten: ein Getränk, eine Pflanze, ein Kultur- und Handelsgut - Anlass für politische Umwälzungen, viel zu oft übersteigerte Hoffnung in Wunderheilung ...
... aber was ist es für mich?
Genuss, Durstlöscher, Inhalt meiner Arbeit und ein ewig gültiges Ticket: Zeitreisen in vergangene Epochen, Ausflüge zu den Berghängen Nepals oder an die Küste Japans - all das und noch viel mehr erlebe ich in einer Tasse (oder typischer: in vielen Tassen) Tee.
Wenn ich eine Schale Matcha zubereite, kann ich die Ruhe und den Frieden erahnen, nach dem sich Sen no Rikyu gesehnt haben wird, als er gegen Ende des Sengoku Jidai ("Zeit der kämpfenden Länder", eine ca 100jährige Bürgerkriegsphase in Japan) es schaffte, mit seiner Form der Teezeremonie die streitenden Fürsten zusammen zu bringen und (zumindest für die Dauer des Teegenusses) die Schwerter abzulegen. Matcha schmeckt so herrlich frisch und belebend - doch trotzdem öffnet er mir ein Fenster zum Japan des 16. Jahrhunderts.
Oder meine neueste Schwärmerei: Puer-Tee. Tief im Süden der chinesischen Provinz Yunnan, nahe an Myanmar, Laos und Vietnam, wachsen zum Teil uralte Teebäume im Dschungel. Mit einem Gaiwan voll kräftig-anregender, fast schon berauschender Teeblätter von den Bergen um Yongde in Yunnan wähne ich mich fast an jenen sattgrünen Hängen ... ohne die drückende Schwüle und plagende Insekten ertragen zu müssen.
Mögen sich andere um Catechine, Polyphenole und EGCG im Tee kümmern - für mich ist die Möglichkeit des Träumens und Genießens ein so großer Schatz, dass der Tee keine weiteren Aufgaben zu erfüllen braucht!
Aber das ist nur meine ganz subjektive Meinung. Wie ist das bei Euch? Was ist Tee für Euch?
Wenn das so einfach zu beantworten wäre... Aber eigentlich hast du es schon ganz gut formuliert. In erster Linie ist Tee natürlich ein Genussmittel und muss als solches entsprechend behandelt werden um seinen Geschmack voll zu entfalten. Das bringt uns zum zweiten Aspekt: Jede Kultur hat ihre eigene Interpretation von Tee und eine eigene Vorstellung davon, wie er zubereitet werden soll. Das bietet jedem die Gelegenheit in diese fremde Kultur einzutachen, sich mit den Erfahrungen und Wertvorstellungen zu beschäftgen und sich in fremde Welten zu vertiefen, bzw. sie für sich zu inszenieren bzw. reproduzieren indem man eine Atmosphäre schafft, die man mit der jeweiligen Kultur verbindet. Und dann kann man (wie du schon sagtest) träumen :)
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